Dienstag, 17. September 2013

Interview mit Frank-Walter Steinmeier zum Thema FUTURE FOR US

Herr Steinmeier, Bildung von Kindern und Jugendlichen steht ganz oben auf der Agenda Ihrer Partei. Warum ist Ihnen dieses Thema so wichtig?

Bildung ist der Schlüssel zu einem selbst bestimmten und freien Leben. Wir wollen gebührenfreies Lernen von der frühkindlichen Bildung bis zur Hochschule. Dazu gehört auch die schrittweise Abschaffung von Kita- und Studiengebühren. Außerdem werden wir dafür sorgen, dass die zwischen den Ländern bereits vereinbarten nationalen Bildungsstandards verbindlich umgesetzt werden. Und: Wir wollen die staatlichen Bildungsausgaben massiv erhöhen.

Die Initiative FUTURE FOR US konnte Sie als Schirmherren gewinnen. Was fasziniert Sie an der Arbeit mit Jugendlichen?

Der unverstellte Blick. In meinem Projekt „Junger Rat für Frank-Walter Steinmeier“ werden Jugendliche zu Politikberatern. Schulklassen aus meinem Wahlkreis in Brandenburg, ab Jahrgangsstufe neun aus Haupt- und Realschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen können sich daran beteiligen. Das ist auch ein wichtiger Schritt gegen Poltikverdrossenheit, denn die Jugendlichen, die ich treffe, fragen nicht nur politisch nach, sondern hinterfragen auch die Arbeit von Politikern. Wenn man etwas verändern will, muss man wissen, wie es funktioniert. Und das geht am Besten, wenn man selbst mitmacht. Ich lerne viel über die Ansichten der jungen Leute. Und daher bin ich auch sehr gern der Schirmherr von FUTURE FOR US, denn hier habe ich kontinuierlich mit jungen Menschen zu tun, die an der Schwelle zum Erwachsenenleben stehen. Diese Phase des Aufbruchs, wo Entscheidungen über Familie, Beruf und Zukunft getroffen werden, ist sehr wichtig für die weitere Lebensentwicklung junger Menschen und muss unterstützt werden.

Viele Teilnehmer der Initiative FUTURE FOR US haben Migrationshintergrund oder kommen aus sozial schwachen, bildungsfernen Schichten. Wie sehen Sie den Einfluss einer solchen Initiative auf diese Mitbürger?

Die SPD steht für eine Politik, die Scheitern nicht als endgültig verzeiht, die zweite, dritte und jede weitere Chance gewährt, die ein junger Mensch braucht, um seinen Weg zu finden. Gute Jugendpolitik ist „integrierte soziale Lebenslaufpolitik“, die in der jeweiligen Lebenslage die optimale Unterstützung gewährt. Deutschland braucht eine Willkommens- und eine Teilehabekultur. FUTURE FOR US ist ein gutes Beispiel dafür, wie viel wir erreichen können, wenn wir denjenigen, die etwas länger benötigen, um ihren Weg zu finden, durch Respekt und Mitnahme ihren Weg in unsere Gesellschaft ebnen. FUTURE FOR US ist ein Leuchtturmprojekt durch die vielen Erfolge, die diese Inititative vorweisen kann.

Es gibt immer mehr Jugendliche, die nach ihrer Schulausbildung keine Lehrstelle finden. Gibt es einen reibungslosen Übergang von der Schule in den Beruf für alle?

Am Übergang zur Berufsbildung arbeiten Schule, Bundesagentur für Arbeit, die Kammern und Unternehmen Hand in Hand dafür, dass Jugendliche sich früh über für sie attraktive und passende Ausbildungsangebote orientieren und den Ausbildungseinstieg erfolgreich meistern können. Die Kultur der zweiten und dritten Chance dämpft einen übertriebenen Erfolgsdruck, indem sie frustrierende Bildungssackgassen aufbricht und immer eine Perspektive öffnet, wie es weitergehen kann. Das schafft Vertrauen, nimmt Druck von den Eltern und die Jugendlichen können ihre Persönlichkeit entwickeln. Deshalb gibt es auch eine Gesamtstrategie für ein gutes Aufwachsen junger Menschen, die auf Schutz und Unterstützung, Befähigung und Teilhabe basiert. Da sich die Jugendphase ständig verändert, müssen wir den Dialog mit jungen Menschen suchen und sie als gleichberechtigte Partner/innen anerkennen.

Brauchen wir ein neues Schulsystem? Oder müsste das vorhandene umgestaltet und erneuert werden? Ist es nicht Aufgabe des Bundes, Ziele für Bildung zu formulieren? Wie stehen Sie zu neuen Impulsen zum Thema Bildung?

Das deutsche Bildungswesen ist gut, aber nicht gut genug. Noch immer entscheidet die soziale Herkunft über die Zukunft von Kindern und Jugendlichen. Daher wollen wir Ganztagsschulen schaffen und damit Raum und Zeit, um alle Kinder besser fördern zu können. Die SPD wird Bildungsarmut bekämpfen und für Chancengleichheit sorgen. Dazu gehört ein Ausbauprogramm „Masterplan Ganztagsschule 2020“, wobei ein besonderes Augenmerk auf Qualität und Attraktivität der Ganztagspraxis gelegt wird. Es soll nicht nur in Gebäude investiert, sondern den Schulen auch ein angemessenes Personal- und Qualitätsbudget zur Verfügung gestellt wird. Mit guten Konzepten können sich Ganztagsschulen zu aktiven gesellschaftlichen Orten entwickeln, die integrative und inklusive Funktionen mit attraktiven Freizeitangeboten und lebendigen Beziehungen zum lokalen Umfeld verbinden. Wenn uns das gelingt, wird Deutschland ein Land, in dem uns durch ein vertrauenswürdiges, vielfältig förderndes Bildungssystem ein nachhaltiges Wohlstandsmodell zur Verfügung steht, das die Spaltung der Gesellschaft überwindet und auf soziale Teilhabe ausgerichtet ist. Das Ziel muss sein, dass jedes Kind eine erstklassige Förderung erhält, um sich zu entwickeln und seine Wünsche verwirklichen zu können. Deshalb ist FUTURE FOR US für mich eine sehr gute Initiative, allen eine gute Chance zu geben, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, selbst wenn sie etwas länger brauchen, um auf den für sie richtigen Weg zu kommen. Von solchen Angeboten für Jugendliche bräuchten wir eigentlich viel mehr. Daher bin ich sehr froh, aktiv an dieser Initiative mitwirken zu können.

Herr Steinmeier, vielen Dank für dieses Gespräch.

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